Frederic Matys Thursz
Éloge aux mains Spectra I, Focillion Éloge aux mains II
“Paint will outlive painting. Paint has precedence. I believe in paint. Was another painting necessary after Las Meninas?“
Frederic Matys Thursz (1930-1992) zählt zu den wichtigsten Vertretern der postmodernen Farbmalerei der 80er Jahre in Europa wie in Amerika. In seinem Frühwerk noch stark von der Ecole de Paris und dem Abstrakten Expressionismus beeinflusst, fand er ab den 70er Jahren zu seinem eigenen, „radikalen“ Stil.
Dabei war er sich seiner malerischen Tradition stets bewusst und nannte so unterschiedliche Positionen wie die Vitraux der Kathedrale von Chartres, den Isenheimer Altar Grünewald’s, Jean Fautrier oder Mark Rothko als Wegbereiter seiner Malerei.
In seinem Hauptwerk schuf er in einer Art moderner Schichtenmalerei großformatige, scheinbar „monochrome“ Arbeiten, bei denen er sich in einer radikalen Reduktion auf die Farbe und das Licht als künstlerische Maxime konzentrierte, laut ihm “the totality of painting”.
In die gleiche Zeit fallen erste namhafte Ausstellungen und 1978 die Gründung der Gruppe „Radical Painting“, zusammen mit Jerry Zeniuk, Joseph Marioni, Günther Umberg oder auch Marcia Hafif. Erst in den 80er und 90er Jahre wurde dem Werk von Thursz wachsende Anerkennung zuteil. 1988 widmete ihm das Musée d’Art Moderne in Staint-Etienne eine Retrospektive. Zuletzt 1992 auf der documenta IX in Kassel vertreten, verstarb der Künstler in demselben Jahr.
In dem großformatigen Diptychon „Eloge aux Mains“ von 1987/90 setzt Thursz in gerade zu sublimer Weise seine künstlerische Maxime um. Auf der Suche nach dem absoluten Farbton und der Autonomie der Farbe experimentiert der Künstler mit verschiedenen Techniken und Materialien. In fast alchimistischer Manier verwendet er Öle, Wachse, Harze, Leim, Lacke und Pigmente.Er selbst beschreibt sein Vorgehen wie folgt:
„It is chemistry, alchemy. To give the illusion of red I use purple and add green, which makes the red verge on violet. Then another layer of green and a passage of violet is needed. The result of these overlappings is a reddish glow. Then I add vermilion and the red becomes so deep that it is more red than real red.”
Im Gegensatz dazu stehen die Größe und Materialität der Arbeit sowie ihre stark strukturierte Oberfläche. Oftmals über Jahre hinweg baut Thursz seine Bilder aus unzähligen isolierten und verschmolzenen Farbschichten auf, meist auf der Grundlage reinen Pigmentes als imprimatura. Dabei scheut er sich nicht, die Leinwand mit seinen Händen, Lappen oder heißen Eisen zu traktieren oder in die Oberfläche zu kratzen und zu schrammen. Alle Farbschichten stehen in konträrem oder komplementärem Verhältnis und beeinflussen sich gegenseitig, variieren hinsichtlich ihrer Dicke und Textur. Das erklärt die besondere Oberflächenstruktur der Arbeit, und dass die vordergründige Monochromie nur eine scheinbare ist.
Ergebnis dieser Schichtenmalerei ist nicht eine definierbare Farbe, sondern vielmehr eine Farbsumme entsprechend des Lichtprismas, das sich aus dem Zusammenwirken der Lichtstrahlen mit den verschiedenen Farbschichten ergibt. Die Bilder reflektieren Licht, strahlen es in den Raum aus und erhalten je nach Tagesstimmung eine andere Erscheinung. Licht ist zu einer Funktion der Farbe geworden. Farbe wird zu Licht, ist Licht.
Thursz verwirklicht seine beiden Maxime. Er verleiht der Farbe eine ungeahnte Stofflichkeit und Autonomie und seinen Bildern eine Leuchtkraft, die über die Grenzen des Bildes hinausstrahlt. Die Werke gewinnen dadurch an Räumlichkeit und im Benjaminschen Sinne an Aura. Zudem richtet der Künstler den Bildprozess nach innen und verleiht so seinen Bildern sublime Tiefe und Transzendenz. Thursz selbst bestätigt:
“Beyond the physicality of a painting there is a spirituality, a transcendence. For me, painting, is substance, its color and its light can give a meaning to everything. There is no need for representation or abstraction.”